
30 Jahre Goldschmied. Wird’s nicht langweilig?
Im Gegenteil, es wird wieder spannender. Goldschmied ist ein Beruf, der sich seit dem Mittelalter kaum verändert hat. Und das ist seine Stärke. Natürlich kann die Industrie dank des Computers sensationell präzise Stücke produzieren. Das sieht man dem Schmuck auch an. Perfekt bis auf den Tausendstel Millimeter. Doch wollen die Menschen mehr Individualität. Sie wollen die Spur des Handwerks am Schmuck sehen. Das Unikat ist wieder im Kommen.
Ach so?
Früher wurden Anlässe öfter benutzt, um Schmuck weiterzugeben. Berufs- oder Schulabschlüsse, Taufen. Da wurde gern ein Wappenring gefertigt, ein Medaillon, eine Kette oder Manschettenknöpfe. Solche Anlässe werden heute weniger feierlich begangen. Die Kraft des Schmucks aber, Geschichten zu erzählen, ist geblieben. Und so schaffen sich die Menschen ihre eigenen Anlässe.
Schmuck erzählt Geschichten?
Natürlich. Guter Schmuck wird von einer Emotion erfüllt, die sehr persönlich ist. Glück, Trauer, Liebe. Ein Unikat besitzt automatisch solch eine emotionale Qualität. In seinem Entstehungsprozess vom flachen Blech zum fertigen Stück ist diese Geschichte bereits angelegt. Da stecken Idee, Wunsch und Handarbeit drin. Und das Auge des Goldschmieds. Nicht jedes Schmuckstück passt zu jeder Frau oder jedem Mann. Was das Richtige ist, hat viel mit Vertrauen zu tun, das sich zwischen Goldschmied und Kunden aufbauen kann. Manche meiner Kunden kommen nicht mal mehr ins Atelier. Sie bestellen per Telefon.
Ist das die Strahlkraft des Gräppi-Stils?
Nein, das ist die Strahlkraft des Handwerks. Jeder gute Goldschmied kennt solche Beziehungen. Das speist sich aus Erfahrung und Kreativität. Nicht aus einer besonderen Handschrift.
Dennoch hat sich bei Ihnen eine gewisse Sprache entwickelt. Anfänglich noch verspielt, eher ornamental, heute dagegen reduziert, grossflächig. Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Ich verfolge eine sportlich-klassische Eleganz. Das Protzige langweilt mich eher. Ich bin stark im Improvisieren, und da sprechen mich reduzierte Lösungen an. Mich hat immer die Formensprache der Moderne fasziniert, Picasso und der Kubismus, auch Paul Klee. Vielleicht stammt meine Lust mit den Quintessenzen von Form und Material zu spielen auch daher.
Und worauf dürfen sich Ihre Kunden in der Zukunft freuen?
Auf das Experiment mit alten Techniken. Für jede Jahreskollektion wähle ich immer ein Material, auf das ich mich fokussiere. So durchlebe ich meine persönliche Bronze-, Eisen- oder Steinzeit. Und mit ihnen alte Kulturtechniken der Herstellung. Schmuck begleitet unsere Spezies schliesslich von Anbeginn. Wenn ich diese Kontinuität in die Jetztzeit transportieren kann, bin ich sehr zufrieden