
Prolog ‒ Von einem, der auszog Goldschmied zu werden
Aufgewachsen zwischen schimmernden Pretiosen und tickenden Formen in der elterlichen Uhren-Bijouterie in St. Gallen bricht sich bei Marco Gräppi früh die Lust an eigenen Kreationen die Bahn. Er besucht die Schule für Gestaltung in St. Gallen und spürt, dass das Kunsthandwerk seine Bestimmung ist. Er will aus Metallen Kunst machen, aus Edelsteinen Schmuck, aus Holz Mode: schlicht einer Idee Haptik verleihen, die dem Lebensgefühl des Trägers eine Form gibt. Ab 1978 lernt er vier Jahre lang in der Firma Ars et Aurum in Wil alles, was ein Goldschmied wissen muss. Wieder in St. Gallen schärft er Wissen und Geschick zwei Jahre lang bei Beatrice Sponagel im Steinlin Gold- und Juwelenatelier. Der Wunsch, auf eigenen Füssen zu stehen, reift stetig und vehement.
1984 ‒ Sein eigener Herr
30 Quadratmeter bedeuten den Durchbruch: In einem Jugendstil-Geschäftshaus an der Zürcherstrasse 35 in St. Gallen findet Gräppi die perfekten Räumlichkeiten. Er eröffnet sein eigenes Goldschmiede-Atelier. Zwei Schaufenster für die eigenen Kreationen inklusive. Endlich kann er Schmuckstücke von der Idee über die Skizze bis hin zum fertigen Juwel selber realisieren. Die Suche nach dem eigenen Stil beginnt. Und die Berufung als Bewahrer der Tradition: Schon 1987 stellt Gräppi seinen ersten Lehrling ein. Lehre und Ausbildung begreift er als unverrückbaren Bestandteil seines jahrhundertealten Gewerbes.
1990 ‒ Zu neuen Ufern
Das kleine Lädchen in St. Gallen wird allmählich zu klein. Auf der Suche nach neuen Räumen stößt Gräppi im benachbarten Gossau auf ein lädiertes Handelshaus aus dem 18. Jahrhundert ‒ den »Schwarzen Adler«. Von der Stadt aufwändig restauriert erfährt die frühere Tuchhandlung und Gastwirtschaft 1990 einen Neustart ‒ und das Atelier Gräppi verfünffacht seinen Platz. In den fast 150 Quadratmetern an der St. Gallerstrasse 26 ergänzt Gräppi seine eigene Schmuckkollektion zunehmend um Handelswaren bekannter Marken der Juwelier- und Uhrmacherzunft. Das Atelier veranstaltet regelmäßig Vernissagen der eigenen Kollektionen, kombiniert den Schmuck mit Ausstellungen von bildenden Künstlern wie Sabeth Holland und Daniel Manser. Eine Tradition, die bis heute Bestand hat. Wie auch die Haltung, keine Verkäufer einzustellen. Die Beratung kommt vom Handwerker selbst. 14 Jahre lang geniesst das Atelier stetigen Erfolg, das Sortiment wächst und wächst ‒ leider aber auch das Gefühl Gräppis mehr kaufmännisch gebunden zu sein als goldschmiedend kreativ sein zu dürfen. Ein schleichendes Unbehagen, das er abstellen will. Radikal.
2005 ‒ Zurück zu den Wurzeln
Im Dezember 2004 schliesst Gräppi den Laden in Gossau. Für ihn gilt mehr denn je: zurück an die Werkbank. Er verkleinert sich und fängt neu an. Fast wie vorherbestimmt sogar noch in der selben Strasse wie 20 Jahre zuvor. Seit Sommer 2005 steht er nun nur ein paar Häuser weiter in der Zürcherstrasse 68 wieder selbst am Goldschmiedepult. Er beschränkt sich auf handgefertigte Produkte vor allem eigener Schmuckstücke, ergänzt um Anfertigungs- und Reparaturdienste für verschiedene Schmuckfirmen, die keine eigenen Werkstätten mehr besitzen. Ein treuer Kundenstamm aus Liebhabern und Kennern verfolgt seine jährlichen Kollektionen.
2017 ‒ Tradition und Fortschritt
Im Jahr 2017 entscheidet sich Familie Gräppi in Degersheim ein Grundstück zu kaufen und den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Langsam wächst die Entscheidung heran, das Atelier an der Zürcherstrasse in St. Gallen aufzugeben und im eigenen Haus ein neues Atelier zu eröffnen – eine Werkstatt, in der Marco Gräppi sein Handwerk erweitert.
Neben der Anfertigung von Damenschmuck, rückt nun auch die Entwicklung von Herrenschmuck in Gräppis Blickfeld. Neben Ringen und Armreifen aus Carbon, Manschetten-Knöpfen aus Gold oder Wappenringen, setzt Gräppi individuelle Kundenwünsche um und arbeitet weiter an der eigenen Kollektion.
Neu wendet Gräppi klassische Goldschmiedetechniken bei der Herstellung von Accessoires an und so entstehen beispielsweise Schlüsselanhänger, Taschenmesser mit persönlichen Motiven oder handgemachte, ziselierte Flachmänner.